Antrag
der Abgeordneten Jörn König, Klaus Stöber, Andreas Bleck, Edgar Naujok und der Fraktion der AfD
Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Bundestrainer und -trainerinnen sind das zentrale Element im Trainings- und Wettkampfsystem des Hochleistungssports und nehmen als direkte Bezugspersonen der Athleten eine entscheidende Schlüsselposition ein. Neben der Betreuung von Athleten im Training und Wettkampf erfordert das „Trainer-Sein“ außerdem die Führung und das Management des Trainerteams, die kontinuierliche fachliche und persönliche Weiterentwicklung sowie den Einsatz moderner Technik. Das ist verbunden mit einem hohen zeitlichen Aufwand, einem hohen Reiseaufkommen, Arbeitszeiten an den Wochenenden, zu vielen „fachfremden“ Aufgaben und eine zu geringe Vergütung.
Hinzu kommt, dass die Qualifikationen an einen Bundestrainer insgesamt deutlich gestiegen sind. Voraussetzungen für die Anstellung an einem Olympiastützpunkt (OSP) sind ein abgeschlossenes Studium der Sportwissenschaften, ein Abschluss als Diplomtrainer, eine Trainer A-Lizenz oder zumindest in der Ausbildung zur Trainer A-Lizenz, nachweisliche Fachkompetenz und mehrjährige Trainertätigkeit in der entsprechenden Sportart, Kompetenz in sportwissenschaftlichen Fragen sowie sportfachliche Kompetenz hinsichtlich der Strukturen und Systeme im Leistungssport, ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit mit hoher Kooperationsbereitschaft und soziale Kompetenz. Arbeitgeber sind die Bundessportfachverbände. Einerseits sind sie für die Durchführung, Organisation und Finanzierung ihrer Sportart selbst verantwortlich, andererseits können sie den Spitzensport nicht oder nicht vollständig aus eigenen finanziellen Mitteln finanzieren. Insofern erhalten sie eine Förderung vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), da ein Bundesinteresse besteht, den Spitzensport zu unterstützen und zu fördern. Die Unterstützung wird unter anderem für die Vergütung der Bundestrainer gewährt (https://www.bmi.bund.de/DE/themen/sport/nationale-sportpolitik/foerderung-spitzensport/foerderung-sportverbaende/foerderung-sportverbaende-node.html)
In den Richtlinien des BMI über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Bundessportfachverbänden (Förderrichtlinien Verbände – FRV) vom 10. Oktober 2005 zuletzt geändert durch die Richtlinien vom 19. März 2015 (GMBI. 2015, S. 302) sind unter 5.2.2 (2) die jeweiligen Förderhöchstgrenzen der Zuwendungen für das Leistungssportpersonal geregelt. Danach erhalten Leistungssportdirektoren und Cheftrainer einen Betrag bis zu einem Höchstwert von 104.000, – Euro, Disziplin- und Funktionstrainer bis zu 94.000, – Euro, Leistungssportreferenten- und Nachwuchstrainer bis zu 85.000, – Euro und Stützpunkttrainer bis zu 74.000, – Euro. Die genannten Beträge sind Brutto-Beträge. Eine Vergütungsuntergrenze ist nicht geregelt. Für diese Personalgruppe finden die Tätigkeitsmerkmale des BAT (Bundes-Angestelltentarifvertrag) keine Anwendung (5.2.2 (2) Förderrichtlinien Verbände – FR V). Die sogenannten mischfinanzierten Trainer erhalten auf der Grundlage der Förderrichtlinien Stützpunktsystem (FR S) vom 10. Oktober 2005 in der Fassung vom 19. März 2015 (GMBI. 2015, S. 302) eine Zuwendung, die auf einen jährlichen Höchstbetrag von 30.000, – Euro begrenzt ist (5.2.2 (4) Förderrichtlinien Verbände – FR V).
Die Zuwendungen des Bundes an die Bundespitzenverbände sind pauschal, da sie eine größtmögliche Flexibilität bei der Auswahl, dem Einsatz und den Anstellungsbedingungen des Leistungssportpersonals unter der Berücksichtigung der jeweiligen Verbandsstruktur und der sportartspezifischen Anforderungen und Bedingungen haben sollen.
Die Ausgestaltung der Arbeitsverträge liegt in der Hoheit der Bundessportfachverbände, sodass die Entscheidung über die Vergütungshöhe, Vertragsdauer und die sonstigen Vertragsbedingungen in Eigenverantwortung des jeweiligen Spitzenverbandes im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel erfolgt.
In der Praxis weisen die Arbeitsverträge aufgrund schlechter Bezahlung, überdurchschnittlich langen Arbeitszeiten und in der Regel keine vergüteten Überstunden bei maximalem Leistungsdruck erhebliche Defizite auf. Im Schnitt erhalten Bundestrainer eine Jahresvergütung von ca. 47.000, – Euro brutto https://www.faz.net/aktuell/sport/sportpolitik/leistungssport-illegale-arbeitsbedingungen-fuer-bundestrainer-17136719.html). Hierbei sind Faktoren wie Tätigkeit, Verantwortungsumfang, Qualifikation, Berufserfahrung oder vertraglich vereinbarte Wochenstunden allerdings nicht berücksichtigt. Jeder dritte Trainer überschreitet die Arbeitszeit in der Regel um mehr als 25 Prozent; knapp zwei Drittel erhalten dafür keine Vergütung. Das Gehalt ist im Vergleich zum Ausbildungsniveau deutlich zu gering. Top-Trainer sind durchaus mit breit ausgebildeten Führungskräften zu vergleichen, aber das Gehalt als leitender Trainer an der Spitze entspricht in etwa dem eines Berufseinsteigers nach dem Lehramtsstudium.
Um insgesamt die Trainersituation zu verbessern, hat der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) auf seiner Mitgliederversammlung im Dezember 2019 ein Konzept zur Verbesserung der arbeitsvertraglichen Rahmenbedingungen für Trainer beschlossen (https://cdn.dosb.de/user_upload/www.dosb.de/uber_uns/Mitgliederversammlung/Frankfurt_2019/Beschluesse/TOP_15_1_-_Vorlage_-_Konzept_zur_Verbesserung_der_arbeitsvertraglichen_Rahmenbedinungen_fuer_Trainer.pdf). Wesentlicher Inhalt ist unter anderem die Festlegung einer flexiblen Vergütung, Anhebung der Fördergrenze sowie einer Lohnuntergrenze auf Grundlage einer Vergütungstabelle.
Ein Jahr nach dem Beschluss führte der Berufsverband der Trainer/innen im Deutschen Sport (BVTDS) eine Umfrage unter den Bundesstrainern hinsichtlich der Umsetzung des Konzeptes von 2019 mit dem Ergebnis durch, dass sich kaum positive Entwicklungen ergeben haben (https://bvtds.de/fileadmin/user_upload/BVTDS_Pressemitteilung_vom_07.01.2021.pdf). Für die Etablierung besserer Rahmenbedingungen sind Bund, Länder und Spitzenverbände in der Pflicht. Es braucht bessere Hürden und klare Vorgaben seitens des Bundes, die dann im DOSB und den Verbänden umgesetzt werden müssen.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
- die in den Förderrichtlinien Verbände (FR V) vom 10. Oktober 2005 in der Fassung vom 19. März 2015 unter 5.2.2. (2) genannten Höchstbeträge wie folgt anzuheben:
- Chef-Bundestrainer: bis zu 125.000, – Euro
- Bundestrainer / Chef-Bundestrainer Nachwuchs: bis zu 110.000,- Euro
- Bundestrainer Nachwuchs / Bundestützpunkttrainer: bis zu 95.000, – Euro
- Assistenzbundestrainer / Spezialtrainer / OSP-Trainer: bis zu 85.000, – Euro
- die in den Förderrichtlinien Verbände (FR V) vom 10. Oktober 2005 in der Fassung vom 19. März 2015 unter 5.2.2. (2) genannten Höchstbeträge ab 2023 jährlich gemäß der Inflationsrate anzupassen.
- das Vergütungsmodel des DOSB-Konzepts vom Dezember 2019 in die Förderrichtlinien zu übernehmen.
- das Einhalten der Gehaltsuntergrenze sowie die namentliche Untersetzung von beantragten Trainerstellen als Zuwendungsvoraussetzung in die Förderrichtlinien mit aufzunehmen.
Berlin, den 05.07.2022
Dr. Alice Weidel, Tino Chrupalla und Fraktion
Begründung
Wichtigste Bezugspersonen der Leistungssportler sind die Trainer. „Mit dem Ergebnis der Olympischen Spiele in Tokio verzeichnet der deutsche Leistungssport als Gesamtsystem einen weiteren Rückgang der Medaillen“, hieß es im Rahmen der dreitägigen Leistungssportkonferenz im Olympischen und Paralympischen Trainingszentrum Kienbaum im Oktober 2021. „Um einen Umschwung im Hinblick auf die darauffolgenden Spiele zu realisieren“, forderten die 220 teilnehmenden Vertreter des Leistungssports unter anderem, dass „im Bereich der Trainer die Rekrutierung und Qualifizierung intensiviert sowie die vertraglichen Rahmenbedingungen wirksam weiter verbessert werden müssen“ (https://worldgames.dosb.de/leistungssport/world-games/news-detail/deutscher-leistungssport-zieht-lehren-aus-tokio-2020). Nach dem schlechten Abschneiden der Deutschen Olympia Mannschaft in Tokio fordert auch der Bundesverband der Trainer im Deutschen Sport (BVTDS) unter anderem eine angemessene Bezahlung der Trainer (https://www.ran.de/olympia/news/nach-olympia-berufsverband-der-trainer-innen-fordert-verbesserte-arbeitsbedingungen-129888?fbclid=IwAR1rwVdmICNvDOW9hcrdyrKGijjP8BpMRNmFK5sW1wRAgsMCa5jAm2g-tW4). So auch aktuell der Bob-Chefcoach Spies, der während der Olympischen Winterspiele in Peking forderte, dass „eine ganz klare finanzielle Anpassung auf allen Trainerposten in Deutschland erfolgen muss“ Und weiter: „Es sei wegen der schlechten Bezahlung auch ein Problem im Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD), Top-Athleten nach ihrer Karriere als Trainer im Verband zu halten. Diese würden lieber bei einer Behörde bleiben, studieren oder woanders hingehen“ (https://www.welt.de/sport/article236750055/Olympia-Lena-Duerr-liegt-nach-erstem-Lauf-beim-Slalom-in-Fuehrung-News.html).
Die große Unzufriedenheit der Trainer führt in der Folge dazu, dass in zunehmenden Maßen gut qualifizierte Trainer ins Ausland abwandern, weil dort höhere Gehälter gezahlt werden, oder sich für einen gänzlich anderen Beruf entscheiden. Dadurch gehen dem Sport dringend benötigte Fachkräfte verloren. Darüber hinaus stärken diese Spezialisten anschließend die internationale Konkurrenz. Nachwuchstrainer zu akquirieren, wird ebenfalls immer schwieriger. Ist ein geeigneter Trainer gefunden, kann man ihm am Ende kein angemessenes Gehalt bieten.
Die Spitzenverbände haben die Möglichkeit, die Gehälter aufzuwerten. Die Grenze nach oben ist allerdings gekoppelt an die funktionsabhängigen Förderhöchstgrenzen für Trainerstellen, die aktuell festgelegt sind durch die Richtlinien der Bundesförderung der Förderrichtlinien Verbände (FR V) vom 10. Oktober 2005 in der Fassung vom 19. März 2015. Um international konkurrenzfähig zu bleiben und den Trainerberuf im Leistungssport attraktiver zu gestalten, ist eine Erhöhung der Förderhöchstgrenze innerhalb der Förderrichtlinien des Bundes daher unabdingbar; ebenso wie eine jährliche Anpassung. Zusätzlich muss auch eine Gehaltsuntergrenze geregelt sein, um sicherzustellen, dass Trainer innerhalb ihrer Funktionsstellen nicht unter einem festgelegten Niveau vergütet werden. Die Vergangenheit hat außerdem gezeigt, dass mehr Förderung nicht unbedingt eine höhere Vergütung für die Trainer bedeutet. Oftmals wurden stattdessen mehr Trainer zu einem gleich niedrigeren Gehalt angestellt. Daher ist es erforderlich, die beantragten Trainerstellen namentlich zu benennen.
Es gibt für den Beruf des Trainers kein allgemein gültiges Anforderungsprofil mit einer Beschreibung von Aufgaben, Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten. Die Berufserfahrungen und Entwicklungen der Trainer sind jeweils sehr verschieden. Diese Unterschiede müssen hinsichtlich der Vergütung individuell berücksichtigt werden. Daher hat der DOSB in seinem Konzept von 2019 zur „Verbesserung der arbeitsvertraglichen Rahmenbedingungen für Trainer“ ein flexibles Vergütungsmodel vorgestellt. Danach werden als Grundlage zur Gehaltsermittlung die Berufsqualifikation, die Funktionsstelle sowie die Erfahrung herangezogen. Aus der Verknüpfung der Berufsqualifikation mit der Funktionsstelle ergibt sich eine spezifische Entgeltgruppe, innerhalb der es wiederum je acht Erfahrungsstufen gibt. Danach sollen die Trainer entsprechend eingestuft werden. Alle vier Jahre soll eine Aufwertung vorgenommen werden. Doch trotz dieser Handlungsempfehlung werden nach der Umfrage der BVTDS nur 23% der Befragten nach einer öffentlich zugänglichen Vergütungstabelle bezahlt (https://bvtds.de/fileadmin/user_upload/BVTDS_Pressemitteilung_vom_07.01.2021.pdf).
Maßgeblicher Grundsatz der Sportförderung ist, dass die Autonomie des organsierten Sports stets gewahrt bleibt. Allerdings hat die Vergangenheit gezeigt, dass die Handlungsempfehlungen des DOSB in Zusammenarbeit mit dem BMI und der Sportministerkonferenz nicht umgesetzt werden. Insofern ist es wichtig, Zuwendungsvoraussetzungen für die Bewilligung von Bundesmitteln in den Förderrichtlinien aufzunehmen.