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Ausbau des Wassersports – Saale-Leipzig-Kanal zur Erschließung touristischer und sportlicher Potenziale für die Region Halle Leipzig

Antrag
der Abgeordneten Jörn König, Andreas Mrosek, Sebastian Münzenmaier, Christoph Neumann, Andreas Bleck, Stephan Brandner, Siegbert Droese, Mariana Iris Harder-Kühnel, Jürgen Pohl, Uwe Schulz, Dr. Harald Weyel und der Fraktion der AfD

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Deutschlands einzigartiges Wasserstraßennetz ist von großer Bedeutung, unter anderem für die Wirtschaft als alternativer Transportweg zu Straße, Schiene und Luft – aber auch für den Tourismus und den Freizeit- und Breitensport. Zum Wasserstraßennetz gehören 335 Schleusen, 280 Wehre, drei Schiffshebewerke, zwei Talsperren und etwa 1.300 Brücken. Drei Viertel der deutschen Großstadtregionen haben einen Wasserstraßenanschluss, zwar mit zum Teil geringer Leistungsfähigkeit, aber großem sportlichen und touristischem Potenzial.
Ganze Regionen profitieren von dieser Branche, die im Jahr 2016 allein an den Binnenwasserstraßen rund 4,2 Mrd. Euro Umsatz generierte und 66.000 Menschen den Lebensunterhalt sicherte. Städte wie Hannover oder Nürnberg, ähnlich groß wie Leipzig, und an keinem großen Fluss liegen, profitieren touristisch allein schon durch die wachsenden Flusskreuzfahrten über Kanäle. Viele Arbeitsplätze in diesem Bereich befinden sich in strukturschwachen oder ländlichen Gebieten, in denen alternative Beschäftigungsmöglichkeiten fehlen. Sportvereine nutzen die Wasserflächen für wassersportliche Aktivitäten. Die Neben- bzw. Freizeitwasserstraßen können also wichtige Impulse für die regionale wirtschaftliche Entwicklung und für die Verbesserung der Lebensverhältnisse geben.
Im „Masterplan Binnenschifffahrt“ des Bundesverkehrsministers wird die Bedeutung und Wichtigkeit des Ausbaus der Wasserstraßen ausdrücklich betont. Dazu bedarf es der Bereitstellung der entsprechenden Finanzmittel wie auch der Ausstattung der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung mit qualifiziertem Personal. Einer Einschätzung des Bundesverbandes der Deutschen Binnenwirtschaft e. V. zufolge werden etwa 400 zusätzliche Ingenieure benötigt, um den Wasserstraßenausbau auf Flüssen und Kanälen bewerkstelligen zu können. In der Haushaltsplanung des Bundesverkehrsministeriums 2021 (4. November 2020) werden jedoch lediglich 50 neue WSV-Stellen angemeldet.
Die Region Leipzig würde von einer Anbindung an das Bundeswasserstraßennetz profitieren. Leipzig ist neben München die einzige deutsche Stadt mit über 500.000 Einwohnern ohne Anbindung an das Bundeswasserstraßennetz – und das nur, weil der im Jahr 1926 per Staatsvertrag beschlossene Bau des „Südflügels des Mittellandkanals“ (einschließlich Saale-Leipzig-Kanal) bis zum Baustopp im Jahre 1943 nicht mehr fertiggestellt wurde. Die Lücke beträgt ca. acht Kilometer.
Mit dem letzten Teilstück des Saale-Elster-Kanals würde nicht nur die bereits vor 100
Jahren geplante Anbindung von Leipzig an das Bundeswasserstraßennetz erfolgen, sondern zugleich ein Grundstein gelegt für die Neu-Ausrichtung des ehemaligen Braunkohle-Reviers hin zu einer Tourismus-Region mit Sport und Erholung in der Natur als zukünftiger Wirtschaftsfaktor. Über den Kanal können nicht nur neue touristische Potenziale im Rahmen von Fluss-Städtereisen erschlossen werden, die Leipzig und der gesamten Region zugutekommen, sondern auch neue umwelt- und klimafreundliche Möglichkeiten eröffnet, indem die Bewohner der Stadt im Rahmen von freizeitsportlichen Wasser-Aktivitäten, d. h. ohne Auto, ins Umland gelangen können.
Der Veröffentlichung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWI) „Potenziale des Wassertourismus in Deutschland“ (2015) zufolge bestehen „starke Nachfragepotentiale … für den Saale-Leipzig-Kanal“ (S. 5), es ergeben sich „für das muskelbetriebene Wasserwandern … große Potentiale auf dem … Saale-Leipzig-Kanal“ (www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Tourismus/potenziale-des-wassertourismus-in-deutschland.pdf?__blob=publicationFile&v=12, S. 46, Daten 2021-02-24).
Der Ausbau des Saale-Leipzig-Kanals von Kreypau nach Leipzig ist auch Bestandteil des 2015 vorgestellten „Tourismuswirtschaftlichen Gesamtkonzepts“, das eine ganzheitliche ökologisch-wirtschaftlich-kulturelle Zukunftsperspektive für den Großraum Leipzig-Merseburg-Halle-Dessau mittels einer Vernetzung der reichlich vorhandenen Seenlandschaft rund um die Städte anhand von „Leuchtturmprojekten“ skizziert (https://gruenerring-leipzig.de/wp-content/uploads/2017/06/150213-twgk-kurzfassung-final-web.pdf).
Einer der wesentlichen Bausteine ist der Ausbau des Saale-Leipzig-Kanals (Leuchtturmprojekt 7), der inklusive eines Schiffshebewerks projektiert ist. In diesem Masterplan wird die Zukunft der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland auf der Grundlage eines „Klimaneutralen Tourismus“ unter Einbeziehung und Vernetzung von Schlüsselaktivitäten wie Wirtschaft und Wissenschaft, Kultur und Tourismus, Verkehr und Mobilität als ein Maßnahmenpaket vorgestellt, das im Rahmen einer
überregionalen Kooperation zwischen den beiden Ländern Sachsen und Sachsen-Anhalt eine Mitteldeutsche Event- und Kulturlandschaft mit Gewässerverbindungen, Kulturstätten am Wasser, Ausstellungszentren und der wassertechnischen Vernetzung der gesamten Region entstehen lässt.
Darin enthalten sind die Errichtung von Rad- und Wanderwegen, die Rundreise-Möglichkeit von Halle, Merseburg, Leuna bis nach Leipzig und die bestehenden Seenlandschaften. Somit wird die mit der Flutung der stillgelegten Tagebaugebieten eingeleitete Renaturierung der gesamten Region vollendet, von der nicht nur die 1,2 Millionen Bewohner der Mitteldeutschen Metropolregion profitieren, sondern auch die immer größer werdende Zahl von wasserbegeisterten Touristen und Freizeitsportler, die auf dem Wasserweg von Halle (bzw. später sogar von Dessau-Roßlau) bis in die Innenstadt von Leipzig und zur südlich gelegenen Seenplatte gelangen.
Davon profitieren werden auch die kleinen Städte, die „auf dem Weg“ liegen und von den Wasserwanderern und -sportlern besucht werden können, wie z. B. Merseburg, Markkleeberg, Delitzsch, Schkeuditz, Wurzen, Eilenburg, Markranstädt, Taucha, Bad Dürrenberg. Legt man dabei die in der Wassertourismus-Broschüre des BMWI veröffentlichten Zahlen für die aus dem Wassertourismus zu schöpfenden Ausgaben zugrunde (S. 57 ff.), wie die Verpflegung in Gastronomiebetrieben, Biergärten, Cafés mit ggf. Übernachtungen sowie im Einzelhandel und Dienstleistungen wie z. B. Wasserwanderrastplätze, so ist von folgenden Ausgaben von Wassertouristen auszugehen, die der Region und den dort lebenden Menschen zugutekommen: Durchschnittlicher
Bootsurlauber mit eigenem Boot: ca. 56,51 Euro. Die durchschnittlichen Ausgaben eines Charterbooturlaubers betragen ca. 82,27 Euro (26,02 Euro Gastgewerbe, Einzelhandel etc., 56,25 Euro Charterkosten/Boot). Die durchschnittlichen Ausgaben bei „muskelbetriebenem Wasserwandern“ (Kanu-Bootseigener bzw. -Mieter) liegen bei ca. 49,10 Euro (S. 59).
Auch Angebote der Angelfischerei werden für zusätzliche Einnahmen sorgen. Von
den ca. 3,3 Millionen Anglern in Deutschland nutzen etwa 50 Prozent Bundeswasserstraßen mit einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von 31,2 Tagen. An den Wasserstraßen der Saale bestehe „eine starke Ausprägung der Angelfischerei“ (S. 31). Die durchschnittlichen Tagesausgaben eines Anglers liegen bei ca. 34,16 Euro (S. 61).
Im Ergebnis werden so die in den 1990er Jahren für die ausgemergelten Gebiete der ehemaligen DDR in Aussicht gestellten „Blühenden Landschaften“ 50 Jahre nach der Wiedervereinigung endlich realisiert. Für die Region Halle-Leipzig ergeben sich neue Potenziale für den Einzelhandel, Dienstleistungen rund um Tourismus/Wandern/Radfahren und Kultur. Die gesamte Region erhält damit ein „naturverbundenes Gesicht“, was sich als Folge auch in der Ansiedlung neuer Wohngebiete, Eröffnung von Gastronomie und Hotels niederschlagen und die Nachhaltigkeit der Städte fördern wird.
Der Saale-Leipzig-Kanal eröffnet zudem den wassertechnischen Zugang nicht nur zur Stadt Leipzig, sondern auch zu dem südlich davon gelegenen Neuen Leipziger Seenland. Das Leipziger Seenland entwickelt sich immer mehr zu einer freizeit-touristischen Attraktion, die auch überregional wahrgenommen wird. Diese Attraktivität der Leipziger Neuseenlandschaft als Nah- und Urlaubs-Erholungsziel würde durch die Erreichbarkeit auf dem Wasserweg erhöht und dadurch der sanfte Tourismus gefördert, welcher der Region neue wirtschaftliche Impulse und damit Arbeitsplätze und Zukunftsperspektiven in Bereichen wie z. B. Gastronomie, Übernachtungen, freizeitsportliche und naturverbundene Dienstleistungen geben wird.
Der Ausbau/die Fertigstellung des Saales-Elster-Kanals bis in die Leipziger Seen-Region wurde bereits im Jahr 2005/2007 im „Wassertouristischen Nutzungskonzept“ der Stadt Leipzig in Vertretung für Grüner Ring Leipzig und Zweckverband Kommunales Forum Südraum Leipzig) planungstechnisch berücksichtigt (Teil E, S. 168)‚Kurs 2: Stadthafen – Karl-Heine-Kanal-Elster-Saale-Kanal (https://gruenerring-leipzig.de/wpcontent/uploads/2020/09/wtnk-vu-umsetzungsstrategie-2005-inkl–anhang-karten.pdf). Darin wird für das Jahr 2005 eine „Nutzungsintensität Bestand“ für den Karl-HeineKanal als „sehr hoch“ (500 Bootsbewegungen/Tag) und für den Elster-Saale-Kanal als „mittel-hoch“ (100 Bootsbewegungen/Tag) ausgewiesen.
Die Anbindung von Leipzig an den Saale-Kanal würde zudem die Zielsetzung der Stadtentwicklung von Leipzig (Projekt Grüner Plan 2024, Projekt INSEK 2030) hin zu einer modernen Großstadt vollenden. Leipzig ist eine ausgewiesene Sportstadt mit dem Olympiastützpunkt Sachsen, dem IAT Institut für Angewandte Trainingswissenschaften und der Universität mit dem Fachbereich Sportwissenschaften, die alle einen wichtigen Beitrag im Rahmen der Förderung des Sports in Deutschland leisten. Dieses Profil als Sportstadt würde durch den Ausbau der Gewässer weiter geschärft werden.
Zudem muss in Zeiten von Corona alles dafür getan werden, den Tourismus im Inland so weit wie möglich auszubauen, zu fördern und nachhaltig zu unterstützen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

  1. die letzten ca. acht Kilometer des Saale-Leipzig-Kanals zwischen der Saale bei Kreypau und dem bereits fertigen Teilstück bei etwa Günthersdorf fertig zu stellen. Weiterhin sind die fehlenden 100 Meter zur Verbindung des Lindenauer Hafens in Leipzig mit dem Kanal auszubauen;
  2. eine schiffbare Verbindung zwischen dem neugeschaffenen Leipziger Seenland
    und dem fertiggestellten Saale-Leipzig-Kanal zu planen und zu bauen;
  3. die für die Fertigstellung erforderlichen Haushaltsmittel gesondert bereitzustellen
    und nicht aus den für die Erhaltung des Bundeswasserstraßennetzes vorgesehenen
    Titel zu finanzieren.

Berlin, den 5. März 2021

Dr. Alice Weidel, Dr. Alexander Gauland und Fraktion

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